In Krisenzeiten greift der Mensch auf alte Bewältigungsmuster zurück, äußert Prof. Dr. Herbert Fitzek in einem Interview der Berliner Morgenpost. Befinden wir uns in einer persönlichen, politischen oder wirtschaftlichen Krise, dann aktiviert das Verhaltensweisen, die aus der (tierischen oder kindlichen) Vorzeit der Menschen stammen. „Hamsterkäufe“, das „Horten“ von Vorräten, die „Jagd“ nach seltenen Schnäppchen sind nicht etwa übervorsichtige Kurzschlusshandlungen, sondern urzeitliches Repertoire der Menschen, das im üblichen Lebensalltag unkenntlich geworden ist, unter Druck aber unwillkürlich an die Oberfläche gespült wird. Das ist nicht nur den Handlungen selbst, sondern auch den Gegenständen anzusehen, die erjagt, gehortet und gehamstert werden. Es sind in der Regel keine Produkte der Hochkultur, sondern Grundnahrungsmittel (Salz, Mehl, Fett), einfache Artikel des täglichen Lebens (also Speiseöl statt Dieselbenzin). Selbst die Beliebtheit von Toilettenpapier – wie in der Coronakrise – geht auf ein sehr ursprüngliches Bedürfnis zurück: das weiche, wattige Toilettenpapier erinnert unbewusst an die Bedürfnisse der frühen Kindheit, an mütterliches Versorgt- und Gewickelt-Werden. Schließlich machen auch die Mengen, in denen gesammelt und gekauft wird, auf Frühkindliches aufmerksam: Hier gilt ganz ungebrochen: je mehr, desto besser. Was kann man machen? Es helfen jedenfalls weder Ermahnungen noch Appelle an die Vernunft. Wie immer in der Psychologie geht es vielmehr um das Verständnis für die zum Ausdruck kommenden Ängste und den Austausch darüber, was sinnvoll ist und was übers Ziel hinausschießt.
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https://www.morgenpost.de/berlin/article234887061/Warum-Menschen-in-Krisen-Vorraete-hamstern.html